Wer sich persönlich und spirituell weiterentwickeln möchte, kommt am Thema Affirmationen nicht vorbei. Es taucht so sicher auf wie die Mahnungen vom Finanzamt.
Affirmationen entspringen dem „Positiven Denken“. Sie vermitteln: Worauf du deinen Geist ausrichtest, das wirst du fühlen und erleben. Es sind positive Sätze, die ich wie ein Mantra ständig in mir wiederhole, bis sie tief in mein Unterbewusstsein einsickern und den Glaubenssatz dort verwurzeln.
Dahinter steckt ein wahrer Kern. Unser Geist ist wirklich unglaublich mächtig. Was wir denken, zeigt sich in unserem Leben als Realität. Mit unseren Gedanken ändern wir die Energie in unserem Körper, verändern sogar chemische und biologische Prozesse. Und das zeigt sich dann auch im „Außen“.
Übertünchen? Klappt nicht.
In einem bestimmten Setting sind Affirmationen aber eine gefährliche Spielerei.
Nämlich dann,…
• wenn du deine negativen inneren Glaubenssätze damit übertünchen willst, ohne dich mit ihnen auseinander gestzt zu haben.
• wenn du damit versuchst, negative Gefühle wegzudrücken und nicht zu fühlen
• wenn sie dir vorgaukeln, dass du etwas Bestimmtes bist und etwas anderes nicht! Damit führen sie dich in eine Spaltung
• wenn du versuchst, damit dein Selbstbewusstsein aufzupolieren.
Affirmationen sind gefährlicher Schrott, wenn sie zu einer Verdrängungs- und Vermeidungsstrategie werden. Es ist verführerisch, den Weg aus inneren Ängsten zu gehen, indem ich mir bestimmte positive Dinge einrede.
Gefährlich: innere Spaltung
Denn unsere innersten Ängste und Überzeugungen riechen den Braten schnell. Und schwups!- Haben sie dich eingeholt. Aus dem Höhenflug wird ein Absturz. Oder du brauchst schnell den nächsten Schub an Affirmationen, um dich wieder für eine Weile gut fühlen zu können.
Affirmationen belügen dich, wenn sie dir vermitteln, dass du etwas Positives STATT etwas Negatives bist:
- Du bist schön [nicht hässlich]!
- Du bist erfolgreich [nicht erfolglos]!
- Du bist einzigartig [nicht gewöhnlich]!
Genau hier liegt das Problem. Sie bringen dich nicht dazu, dich in deiner Ganzheit anzunehmen.
Dein Gefühl, hässlich, erfolglos, gewöhnlich, langweilig oder ungeliebt zu sein löst sich nicht dadurch auf, dass du dir das Gegenteil einredest. Sondern dadurch, dass du zunächst die Hässlichkeit, Erfolglosigkeit, Gewöhnlichkeit, Menschenfurcht etc. in dir annimmst – denn sie sind Teil von dir! Genauso wie sie Teil von mir sind.
Erst, wenn ich meine Gewöhnlichkeit, Erfolglosigkeit etc. in mir gefunden und angenommen habe, kann ich auch den positiven Pol in mir finden, ihn fühlen und von Herzen leben. Denn das bin ich auch!
Die Einladung ist: Ganzheit
Zum Kern des christlichen Glaubens gehört die Zusage: Du bist in deiner Ganzheit angenommen! Nicht in einer besseren Version von dir selbst. Nun liegt es an dir, dich selbst anzunehmen. Denn wenn du das Negative umarmt hast, wandelt sich dein Leben hin zu mehr Ganzheit – ganz ohne Übertünchung, Maskierung und Selbst-Einredung.
Haben Affirmationen trotzdem eine Berechtigung?
Ja!
- Affirmationen helfen dabei, eine neue Erfahrung in uns zu verankern.
Ich habe einmal in einem tiefen Prozess die Erfahrung gemacht (und gefühlt), FREI zu sein. Nicht mehr gebunden an bestimmte Prägungen und Überzeugungen, die mich bis dahin bestimmt und verhindert haben, dass ich mein Leben anpacke. Um diese Erfahrung zu verankern, habe ich den Satz „Ich bin frei!“ für einige Zeit täglich ausgesprochen und dabei das Gefühl der Freiheit täglich neu gefühlt. Solche Verankerungen brauchen wir, damit sich unsere Synapsen neu verdrahten können, denn das dauert tatsächlich eine Weile. - Affirmationen sind nützlich, um zu entdecken, was ich in mir noch nicht angenommen habe. Bringe ich den Satz „Ich bin erfolgreich!“ über die Lippen oder schreit etwas in mir: „Nein, bin ich nicht!“? Dann heißt es: Spurensuche! Warum reagiere ich darauf mit Widerstand? Woher kommt diese innere Überzeugung, die ich leider nicht mit einer gegenteiligen Affirmation übertünchen kann?
- Affirmationen können helfen, negative Energie aufzulösen. In meinen Coachings und Workshops nutze ich Affirmationen manchmal für eine Übung, die auf Debbie Ford zurückgeht. Wenn du dich mit einer bestimmten Eigenschaft wie „sexy“ oder „liebenswert“ auseinandergesetzt hast und sie trotzdem nicht in dir finden kannst sondern starke Widerstände spürst, setze dich vor einen Spiegel und sprich es dir laut zu: „Ich bin [sexy].“ Spür die Widerstände. Fühle sie. Denk nicht darüber nach, denn das hast du bereits getan. Mach einfach weiter! So lange, bis die negative Energie, die für dich in dieser Eigenschaft steckt, entweicht (was manchmal lange dauern kann, aber meist irgendwann geschieht).
Wie sind deine eigenen Erfahrungen mit Affirmationen?
Bild: geralt / Pixabay
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ich bin grundsätzlich auf dem gleichen Pfad wie Du, halte aber definitiv nichts von Affirmationen (auch weil ich Fremdworte, auch wenn ich sie gut kenne und verstehe, zu weit weg von meinem Spüren erlebe). Ich bevorzuge: Unterstützungen, Ermutigungen und Ausrichtungen, liebe Grüße Christiane
Danke, Christiane!
[…] Warum Affirmationen gefährlich sind – und ich sie trotzdem nutze […]
Vielen Dank habe es mit Interesse gelesen, aber abschließend muss ich sagen, dass der Beitrag auf mich sehr theoretisch wirkt und Ihr Anliegen für mich etwas diffus bleibt. Weshalb müssen Fremdworte als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden, und ohne Erklärung bleiben? Ich kannte den Begriff bisher nur aus dem Französischen als Bejahung bzw. Einwilligung. Nun habe ich gegoogelt: Beipflichtung, Bejahung, Bekräftigung, Bestätigung, Zusagung, Zuspruch, Zustimmung. Im christlichen Kontext fällt mir dazu die Einwilligung Jesu in seine Passion ein. Eine Einwilligung, die zu seinem Schaden war, die er aber letztlich für sich als notwendig erachtete. Hier würde mich Ihre Meinung zur Affirmation Jesu interessieren. Gut fand ich den Hinweis auf die Einwilligung gegenüber den eigenen Schwächen. Hier fehlte mir allerdings eine schlüssige Begründung für integratives Verhalten gegenüber den menschlichen Schwächen an sich und auch im Kontext der Botschaft Jesu. Ich selbst betreibe einen eigenen Blog, in dem ich mich der gleichen Thematik widme wie Sie. Vielleicht haben Sie ja Lust, mal hineinzulesen: http://www.christophilos.de
Bis dahin grüßt Sie sehr herzlich
Elmar Wieland Vogel aus Dresden